Der Konvoi

Konvoiteam

Wie viele andere meiner Generation hier in Deutschland habe ich selbst keine Naturkatastrophe, keinen Krieg und auch nichts vergleichbares erleben müssen. Umso mehr erschütterten mich die Ereignisse im Ahrtal. So ähnlich erging es Dieter Asche, dem Organisator des beliebten „Feuerwehr-Pulling“ hier in der Region. Das „Feuerwehr-Pulling“ ist eine Veranstaltung, auf der die Mitglieder der freiwilligen Feuerwehren Spendengelder für gemeinnützige Zwecke sammeln.

Dieter wurde Ende Juli von Tina Krahmann-Meinecke angesprochen, ob er sie ins Ahrtal begleiten würde. Die beiden brachen dann am 31.07. mit einem Bus voller Lebensmittel Richtung Dernau, einem kleinen Ort im Landkreis Ahrweiler, auf.

In Dernau angekommen erfuhren Sie, dass nicht einmal die polizeilichen Kräfte vor Ort ausreichend verpflegt wurden. Im Nachbarort Ahrbrück trafen die beiden dann auf einen Trupp von mehreren Polizisten, denen sie prompt Essen und Getränke anboten. „Die waren fix und fertig und dazu noch voller Schlamm“ erinnert sich Dieter Asche. Das war das initiale Ereignis, das Dieter Asche auf die Idee brachte, selbst einen Hilfskonvoi zu organisieren. Am selben Tag noch traf er im Krisenstab den  stellvertretenden Bürgermeister von Ahrbrück. Von ihm erfuhr Dieter, was wirklich dringend gebraucht wurde. Nach seiner Rückkehr nach Wolfenbüttel machte Dieter einen Spendenaufruf über Facebook und schrieb die lokalen Zeitungsredaktionen ebenso an wie die vielen Freiwilligen Feuerwehren aus seiner Pulling-Kontaktliste. Die Resonanz war überwältigend….

Dennis Brückendick, der Manager des eCenter in Wolfenbüttel spendete sofort privat 300.- Euro. Weil schon länger eine Verbindung über das „Feuerwehr-Pulling“ bestand, hatte Dieter Asche noch Erica Petrolo von den „Superhelden mit Herz“ aus Leverkusen angerufen. Die Superhelden beteiligten sich sofort mit einer Geldspende, die Dieter Asche selbst nochmal verdoppelte. Auch von diesem Geldbetrag wurden umgehend Lebensmittel und Trinkwasser besorgt. Jaqueline Asche hat bei der Wilhelm-Busch-Apotheke in Wolfenbüttel dringend benötigte Medikamente sowie Verbandsmaterial besorgt. Die Inhaberin, Frau Böthel, half hier mit Vorzugspreisen. Hinzu kamen dann noch die vielen Kleinspenden durch Bürger und Bürgerinnen der gesamten Region.

Nun musste noch der Transport organisiert werden. Sebastian Baumgart von der BMA  Braunschweig besorgte – ebenfalls privat – zwei Transporter von der Autovermietung „Enterprise“. Detlev Gliese stellte über den Förderverein der Jugendfeuerwehren einen kleinen Bus zur Verfügung. Die Firmen „Sattler Media Press“ und der Fahrradladen „Bike and Barbecue“, beide in Hornburg ansässig, stellten ebenfalls je einen Transporter zur Verfügung. Die Freiwillige Feuerwehr Ostereode a.F. organisierte die Lagerung, Verpackung und anschließende Verladung der von den Spendengeldern beschafften Güter. In den Morgenstunden des 7. August, um 03:00 Uhr früh, startete der Konvoi mit sieben Transportern und einem Versorgungsfahrzeug in Osterode am Fallstein. In Wolfenbüttel traf der Konvoi dann auf Dieter, Tina und Jaqueline. Von hier aus ging es auf die Autobahn.

Da die Medikamentenspenden keinesfalls „freihand“ verteilt werden durften, wurden diese an der „Mobile Burg-Apotheke“ in Kalenborn zur Weiterverteilung abgegeben. Danach fuhr der Tross über apokalyptisch anmutende Straßen und Wege weiter nach Dernau. An der, jetzt als Verteilpunkt genutzten Grundschule wurden größere Mengen Schubkarren, Getränke und andere Lebensmittel sowie diverse Ladungen Hygieneartikel abgegeben. In Gelsdorf steuerte der Konvoi das dort eingerichtete Zentraldepot an, wo weitere Hilfsgüter per Gabelstapler entladen wurden.

In Ahrbrück hatte der ehemalige Metzgermeister Reinhold Olschewski und seine Frau eine private Verteilstation für Hilfsgüter eingerichtet. Ehemalig deshalb, weil sein 1954 gegründeter Betrieb und Lebenswerk mit einstmals 8 Angestellten komplett zerstört wurde. Olschewski kann nur hoffen, dass er irgendwann Hilfen bekommt. Da er die 60 Jahre bereits überschritten hat, wird er die Metzgerei wohl nicht wieder aufbauen können. Er und seine Frau übernehmen nun die Verteilung der gespendeten Hilfsgüter an Personen vor Ort, die die anderen Verteilstellen nur unter Schwierigkeiten erreichen können.

Zum Schluss wurden noch Schubkarren, Eimer, Besen und Handschuhe bei der Feuerwehr
Ahrbrück abgeladen. Die Feuerwehr kann erst seit kurzem ihr Gerätehaus wieder benutzen und die Kameradinnen und Kameraden um Wehrleiter Thorsten Claesgen bauen nun in Containern eine Leihstation für dringend benötigte Werkzeuge auf, an der sich die Bevölkerung bedienen kann.

Uns allen wurde das wahre Ausmaß der Katastrophe erst vor Ort richtig bewusst. Keine Reportagen, Fernsehbilder oder Facebook-Posts können vermitteln, mit welchen Schwierigkeiten die Menschen vor Ort zu kämpfen haben. Auch ist vollkommen klar, dass dieser Kampf noch sehr, sehr lange andauern wird; sehr viel länger, als dass die Berichte in den Medien Raum finden werden.